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Private Equity für alle? Warum ELTIFs nicht halten, was sie versprechen.

Mit der Neuauflage des European Long-Term Investment Funds erhält die Werbung für alternative Anlageklassen neuen Schwung. Dem Anschein nach kann nun jeder Privatanleger problemlos beispielsweise in früher schwer zugängliches Private Equity investieren und so bessere Renditen erwirtschaften. Wir sehen das leider nicht so euphorisch.

Seit einiger Zeit kursieren sogenannte ELTIFs (European Long-Term Investment Funds) als neuer Geheimtipp für Privatanleger. Die EU hat die Regularien für diese Fonds gelockert, um Investitionen in langfristige Projekte wie Infrastruktur, erneuerbare Energien oder Private Equity zu fördern. Die Idee klingt erstmal vielversprechend: Privatanleger können so in Anlageklassen investieren, die bisher institutionellen Investoren vorbehalten waren. Also: eine sinnvolle Ergänzung für ein gut strukturiertes Portfolio? Oder hauptsächlich neue Risiken und Komplexitäten?

Was sind ELTIFs?

ELTIFs sind eine europäische Fondsstruktur, die 2015 eingeführt wurde, um langfristige Investitionen in die Realwirtschaft zu erleichtern. Mit der Überarbeitung der ELTIF-Verordnung, die 2024 in Kraft trat, wurde der Zugang für Privatanleger erheblich verein-facht. Nun können auch sie in bislang schwer zugängliche Anlageformen wie Private Equity, Infrastrukturprojekte oder nicht-börsennotierte Unternehmen investieren. Die Mindestanlagesummen wurden gesenkt, Transparenzanforderungen erhöht und auch der Zweitmarkt für ELTIF-Anteile soll verbessert werden.

Das Ziel: langfristiges Kapital für wirtschaftlich und gesellschaftlich sinnvolle Projekte zu mobilisieren und zugleich die Kapitalanlage für Privatanleger attraktiver zu gestalten. So die Theorie, doch die Praxis sieht komplizierter aus. Hier ist, wie wir es sehen:

Private Equity: Das Versprechen und die Realität

Private Equity steht für Beteiligungen an nicht-börsennotierten Unternehmen. Befürworter preisen die Aussicht auf höhere Renditen an, die Möglichkeit aktiver Einflussnahme auf Unternehmensentscheidungen und die Diversifikation jenseits öffentlicher Kapitalmärkte. Aber sind das für uns Privatanleger stichhaltige Argumente?

Schauen wir genau hin, fällt auf: Der vermeintliche Renditevorteil von Private Equity gegenüber öffentlichen Aktienmärkten beruht zum Großteil darauf, die Unternehmen höher zu verschulden (Leverage). Die Idee dahinter: Viele Unternehmen sind mit zu viel Eigenkapital ausgestattet und könnten effizienter arbeiten, wenn sie sich stärker auf Kredit finanzieren. Durch die Private Equity Beteiligungsgesellschaft wird dies gezielt umgesetzt. In stabilen Marktphasen kann das funktionieren. Doch in einem Umfeld steigender Zinsen und volatiler Finanzmärkte ist dieser Ansatz deutlich risikobehafteter.

Zudem gibt es kaum belastbare Studien, die zeigen, dass Private Equity langfristig eine systematisch bessere risikoadjustierte Rendite liefert als breit gestreute Aktieninvestments. Die oft zitierte "Outperformance" relativiert sich schnell, wenn man die Kostenstruktur und das höhere Risiko berücksichtigt. Besonders kritisch wird es, wenn Fondsmanager durch hohe Gebühren einen Großteil der potenziellen Erträge abschöpfen.

Ein weiterer Punkt: Private Equity Fonds unterliegen keiner täglichen Bewertung, was den Anschein geringerer Volatilität erweckt. Das heißt aber nicht, dass sie tatsächlich weniger
riskant sind. Im Gegenteil: Die fehlende Liquidität und die lange Kapitalbindungsdauer (häufig 10 Jahre und mehr) machen Private Equity zu einer der illiquidesten Anlageformen überhaupt. Gerade bei finanziellen Engpässen kann dies zum Problem werden.

Risiken und Nachteile für Privatanleger

Wenn ich als Privatanleger mit ELTIFs in Private Equity investieren möchte, stellen sich somit gleich mehrere Herausforderungen:

  1. Illiquidität: Einmal investiertes Kapital ist oft über Jahre gebunden. Vorzeitige Rückgaben sind meist nicht möglich. Wer kurzfristig auf Liquidität angewiesen ist, sollte die Finger davon lassen.
  2. Komplexität: Die Transparenz von Private Equity Fonds ist begrenzt. Anleger haben wenig Einblick in die konkreten Beteiligungen und deren Entwicklung. Viele Entscheidungen liegen bei den Fondsmanagern, deren Interessen nicht immer mit denen der Anleger übereinstimmen.
  3. Kosten: Die Gebührenstruktur ist oft intransparent und hoch. Ein großer Teil der potenziellen Mehrrendite wird durch Management- und Performancegebühren absorbiert. Hinzu kommen indirekte Kosten, etwa bei der Bewertung von nicht börsennotierten Beteiligungen.
  4. Marktabhängigkeit: Auch wenn Private Equity nicht börsengehandelt wird, ist die Entwicklung der Portfoliounternehmen nicht losgelöst von der wirtschaftlichen Gesamtlage. Besonders in Krisenzeiten zeigt sich, wie eng Private Equity mit konjunktu-rellen Entwicklungen verknüpft ist.

Ein weiterer kritischer Aspekt ist die regulatorische Entwicklung. Die gelockerten Zugangs-bedingungen zu ELTIFs erhöhen die Gefahr, dass Privatanleger in Produkte investieren, die sie in ihrer Struktur und ihrem Risiko nicht vollständig verstehen.

Diversifikation oder Ablenkung?

Ein breit gestreutes Aktien- und Anleihenportfolio bietet eine bewährte, transparente und liquide Grundlage für den langfristigen Vermögensaufbau und die -sicherung. Wenn wir zusätzliche Anlageklassen wie Private Equity betrachten, ist die entscheidende Frage, ob zuverlässig davon auszugehen ist, dass diese wirklich einen Mehrwert bringen können. Bisher gibt es wenig belastbare Evidenz, dass sie diesen dauerhaft liefern. Vielmehr läuft der Privatanleger Gefahr, sich von gut klingenden Produktversprechen ablenken zu lassen.

Ich kann es nicht oft genug betonen: Statt nach dem nächsten Renditeversprechen zu greifen, ist es sinnvoller, die eigene Finanzplanung regelmäßig zu überprüfen: Passt die aktuelle Anlagestrategie noch zu meinen Zielen? Sind die benötigten Renditen realistisch? Bin ich ausreichend diversifiziert? Habe ich die Risiken meines Portfolios verstanden und akzeptiert? Und vor allem: Habe ich eine Strategie, die ich langfristig durchhalten kann – auch in schwierigen Phasen?

Erfolgreiches Investieren basiert nicht auf kurzfristigen Chancen oder neuen Produkten, sondern auf Disziplin, Geduld und Klarheit über die eigenen Ziele. Die Versuchung ist groß, Abkürzungen zu dieser mühsamen Übung zu suchen, wenn neue Finanzprodukte, wie ELTIFs, als Allheilmittel verkauft werden. Am Ende ist das immer eine Ablenkung davon, worauf es ankommt.

Fazit: ELTIFs mit Vorsicht genießen

Die Öffnung des Private Equity-Markts für Privatanleger durch ELTIFs ist regulatorisch gesehen ein Fortschritt. Doch das bedeutet nicht automatisch, dass solche Produkte in jedes Portfolio gehören.

Private Equity bleibt eine komplexe, illiquide und kostenintensive Anlageform. Die potenzielle Mehrrendite basiert im Wesentlichen auf höherem Risiko – insbesondere durch Verschuldung der Beteiligungsunternehmen. Ob sich dieses Risiko lohnt, ist für viele Privatanleger mehr als fraglich.

Gerade in Zeiten steigender Zinsen, geopolitischer Unsicherheiten und wirtschaftlicher Umbrüche sind liquide, transparente und wissenschaftlich fundierte Strategien die tragfähigere Lösung. Wer langfristig Vermögen aufbauen oder sichern möchte, ist in aller Regel besser beraten, sich an wissenschaftlich fundierten Prinzipien der Geldanlage zu orientieren: breite Diversifikation, niedrige Kosten, langfristiger Anlagehorizont und die Konzentration auf das, was wirklich zählt.

ELTIFs mit Private Equity-Anteil gehören dabei aus unserer Sicht nur in Ausnahmefällen dazu – und dann auch nur für Anleger, die genau wissen, worauf sie sich einlassen.

Gerne stehe ich Ihnen für ein persönliches Gespräch zur Verfügung, um Ihre individuelle Situation zu besprechen.

Bleiben Sie optimistisch – und immer investiert!

 

 

Christian Dagg

Der größte Feind des Anlegers ist häufig der Anleger selbst. Ein unabhängiger Berater bringt den größten Nutzen, wenn er sich zwischen den Anleger und dessen schlimmste Fehlentscheidung stellen kann. Meine Beiträge sollen wie ein Filter für vernünftige Finanzentscheidungen wirken. Ich möchte belastbare Fakten und gesunden Menschenverstand im Zusammenhang mit Finanzthemen in den Vordergrund stellen und versuchen, dies so zu erklären, dass es jeder für sich einordnen kann.

Für Anregungen und Kommentare bin ich immer offen.

Offenlegung: Alle Beiträge dienen der Werbung. Keiner der Inhalte dieses Internetauftritts stellt eine Anlageberatung, Finanzanalyse oder ein Angebot bzw. eine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf eines Vertrags oder Wertpapieres dar.

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