Hätte ich das mal früher gewusst
Seit Abschluss meines Physikstudiums habe ich mein Berufsleben damit verbracht, über den richtigen Umgang mit Geld zu lernen. Das soll nicht nach einem harten und ungerechten Schicksal klingen, mir macht das tatsächlich Spaß. Fast dreißig Jahre schon verbringe ich meine Tage damit, Wirtschaftsnachrichten und Finanzbücher zu lesen, wissenschaftliche Studien zu verfolgen und mit unzähligen Menschen über deren Finanzen zu reden. Dennoch habe ich zum Teil Jahrzehnte gebraucht, einige meiner wichtigsten Erkenntnisse zu finden. Hätte ich die nachfolgenden Punkte schon vor dreißig Jahren gewusst, bilde ich mir ein, hätte mir das einiges an Stress und Kosten erspart.
Schulden sind wie negative Anleihen. Auch wenn ich intuitiv schon bei meinem ersten Kredit hohe Sondertilgung vereinbart hatte und so schnell, wie möglich zurückgezahlt habe, ist mir erst später klar geworden, dass man Schulden systematisch als negative Anleihen betrachten sollte. Es ergibt fast nie Sinn negative Anleihen zu besitzen und gleichzeitig anleiheartige Produkte (Rentenpapiere, Lebensversicherungen, Bausparverträge) zu besparen. Die Schulden reduzieren ist immer das bessere Investment.
Ein bescheidenes Haus ist der beste Grundstein für ein großes Vermögen. Die erste Wohnung, die wir uns in dem Haus, das wir mittlerweile ganz besitzen gekauft haben, war recht bescheiden. Wir hatten Angst, uns nichts Größeres leisten zu können. In der Wohnung haben wir dann über fünfzehn Jahre gewohnt. Das war rückblickend eine der klügsten Finanzentscheidungen und hat mir ermöglicht, eine beachtliche Menge Geld zu sparen und anzulegen.
Fast nichts von dem, was man sich kauft, bleibt langfristig von Wert. Im Lauf der Jahre hat es viele Dinge gegeben, die ich unbedingt haben wollte und mir manchmal auch gekauft habe. Das meiste davon ist mittlerweile im Müll gelandet. Die heutige Jugend scheint da klüger als meine Generation und sich mehr auf Erfahrungen als auf Besitz zu fokussieren.
Ruhestandsplanung ist Prio Nummer 1 bei den Finanzen. Die Sprüche: „Wer bis Dreißig kein Haus hat, wird es nie schaffen.” sind nicht nur Unsinn und Panikmache, sie setzen auch die falschen Prioritäten. Die eigene Immobilie sollte niemals das oberste Ziel sein, das muss immer der eigene Ruhestand sein. Ruhestand ist einfach so teurer, dass es wirklich hart wird, wenn man nicht in frühen Jahren mit dem Vermögensaufbau beginnt – dann wird die benötigte Sparrate für das gewünschte Ruhestandsvermögen riesig.
Die Performance der eigenen Geldanlage ändert sich nicht dadurch, dass man täglich die Börsenkurse und die Wertentwicklung des eigenen Portfolios beobachtet. Ehrlich gesagt ist das reine Zeitverschwendung und eine schlechte Angewohnheit, die auch ich versuche, mir abzugewöhnen.
In dreißig Jahren wird man sich wünschen, man hätte mehr Geld in Aktien investiert gehabt. Klar, auf Sicht von fünf oder zehn Jahren kann man auch Geld mit Aktien verlieren. Aber auf Sicht von dreißig Jahren? Da winken doch vor allem anständige Gewinne, besonders wenn man vernünftig diversifiziert angelegt hat und kontinuierlich, in guten wie in schlechten Zeiten, neues Geld zugezahlt hat. Heute, mit 54 Jahren, habe ich eine Aktienquote von 60%, aber vor zehn Jahren hätte die deutlich höher sein können, für einen so hohen Anleihenanteil gab es eigentlich keinen Grund.
Niemand hat auch nur den Funken einer Ahnung, wie sich die Börsen in den nächsten Wochen und Monaten (auf kurze Sicht) entwickeln. Einer der Nachteile, als Vermögensverwalter zu arbeiten ist, dass man sich täglich von den verschiedensten klugen und wortgewandten Experten überzeugend klingende Prognosen anhören muss, was mit den Aktienkursen passieren wird und wo die Zinsen sich hin entwickeln. Alles erweist sich im Nachhinein regelmäßig als komplett falsch und daneben, aber zu Beginn meiner Laufbahn hat mich dieser Informationslärm eine Menge Zeit und Nerven gekostet.
Was wird mein zukünftiges Ich davon halten? Viele Entscheidungen, die wir später bereuen, hätten wir anders getroffen, wenn wir etwas weniger egoistisch gegenüber unserem zukünftigen Ich gedacht hätten. Obwohl unausweichlich ist, dass wir Freud und Leid unseres zukünftigen Ichs teilen werden, fragen wir uns relativ selten, wie unsere heutigen Entscheidungen dies beeinflussen. Schulden, die wir heute machen, muss unser zukünftiges Ich bezahlen, Vermögen, das wir heute nicht bewahren, fehlt ihm. Häufiger auch an sein zukünftiges Ich zu denken, kann die eigenen Entscheidungen verbessern helfen, - nicht nur in Finanzdingen.
Wenn man regelmäßig im Kleinen die richtigen Schritte macht, wird am Ende alles gut. Die meisten großen Planungen kommen ganz anders als man gedacht hat. Aber wer hart arbeitet, stets einen Teil seiner Einnahmen spart und den Über-Nacht-reicht-werden Angeboten widersteht, für den sollte sich alles zum Guten fügen. Natürlich ist nichts garantiert, aber sehr wahrscheinlich ist es schon.
Christian Dagg
Der größte Feind des Anlegers ist häufig der Anleger selbst. Ein unabhängiger Berater bringt den größten Nutzen, wenn er sich zwischen den Anleger und dessen schlimmste Fehlentscheidung stellen kann. Meine Beiträge sollen wie ein Filter für vernünftige Finanzentscheidungen wirken. Ich möchte belastbare Fakten und gesunden Menschenverstand im Zusammenhang mit Finanzthemen in den Vordergrund stellen und versuchen, dies so zu erklären, dass es jeder für sich einordnen kann.
Für Anregungen und Kommentare bin ich immer offen.
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