Gewinner suchen ist die unvernünftige Alternative
An den Börsen macht zu jeder Zeit eine kleine Anzahl von Unternehmen exorbitante Wertsteigerungen im Vergleich zum gesamten Markt. Wenn man mit diesen das Zehnfache der Rendite des Marktes (eines breit gestreuten Investments) erzielen kann, ist es da nicht egal, wenn man neunmal daneben liegt? Der eine Treffer reißt es doch alles raus?
Die Antwort ist: Nein. Und es liegt wieder an dem verflixten Zinseszinseffekt, der sich unserer Intuition entzieht. Er baut sich über lange Zeit langsam auf und wird dann immer gewaltiger, so dass ein gelegentlicher, heftiger Verlust viel schwerer zu Buche schlägt, als eine schlechtere Rendite, die dafür aber geringere Rückschläge zu verzeichnen hat.
Es ist für den langfristigen Investor also immer besser, maximal diversifiziert in Märkte zu investieren, als nach einzelnen Renditeperlen zu fischen – und das lässt sich sogar am Rechner verifizieren.
Ich vergleiche zur Illustration zwei Alternativen: Anlage A macht stetig 1% pro Periode, Anlage B macht mit 98% Wahrscheinlichkeit 10% pro Periode, mit 2% Wahrscheinlichkeit aber ein Minus 98,8% (bspw. Wirecard, Hypo Real Estate, MLP, VW, Infineon, usw.).
Diese Anlagen vergleiche ich über 1.000 Perioden (mit 1 Periode = 1 Monat würde das 83 Jahren entsprechen, also einem Anlegerleben). Vom Rechner lasse ich das Ergebnis von Anlage B per Zufallszahl bestimmen und mache diese Simulation tausendmal. Das mittlere Ergebnis dieser Tausend Simulationen ist eine gute Näherung, was man tatsächlich erwarten kann.
Ich habe Renditevorteil und Gewinnwahrscheinlichkeit von Anlage B absichtlich so groß gemacht, um deutlich zu machen, wie heftig schon wenige, ausreichend negative Ergebnisse die Rechnung vernichten. Über 24 Perioden ist Anlage B mit Abstand besser:
Nach 48 Perioden hat Anlage B aber in der Regel einmal ein Negativereignis erlebt und fällt hinter Anlage A zurück:
Natürlich holt Anlage B auch nach solch einem Verlust wieder auf, aber das Entscheidende ist, etwa nach 550 Perioden ist selbst der mickrige Zinseszins von Anlage A so weit gewachsen, dass Anlage B auch in der Spitze dauerhaft hinter Anlage A zurückfällt:
Natürlich sind das fiktive Anlagealternativen. Aber in der Realität werden Sie auch nicht mit 98% Wahrscheinlichkeit die Unternehmen finden, die zehnmal besser als der Markt sind. Sie werden wesentlich häufiger daneben liegen. Doch selbst bei diesen Wahrscheinlichkeiten würgt das negative Ereignis den Zinseszinseffekt ab.
Der Zinseszinseffekt ist der große Freund des langfristigen Investors. Damit Sie ihn voll auskosten können, ist es wichtiger, Fehler zu minimieren als auf den schnellen Gewinn zu setzen.
Christian Dagg
Der größte Feind des Anlegers ist häufig der Anleger selbst. Ein unabhängiger Berater bringt den größten Nutzen, wenn er sich zwischen den Anleger und dessen schlimmste Fehlentscheidung stellen kann. Meine Beiträge sollen wie ein Filter für vernünftige Finanzentscheidungen wirken. Ich möchte belastbare Fakten und gesunden Menschenverstand im Zusammenhang mit Finanzthemen in den Vordergrund stellen und versuchen, dies so zu erklären, dass es jeder für sich einordnen kann.
Für Anregungen und Kommentare bin ich immer offen.
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