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der DAGG.INVEST Vermögensverwaltung

Führen Portfolios mit höheren Aktienquoten zu mehr finanzieller Freiheit im Ruhestand? (2/3)

Im ersten Artikel haben wir erfahren, was es braucht, um ein solides Vermögen zum Ruhestandseintritt zu erreichen. Nun richten wir unseren Blick auf den  Ruhestand selbst. Nachdem man ein ganzes Arbeitsleben Geld für den Ruhestand investiert hat, möchte man diesen nun genießen. Denn nun hat man das erste Mal im Leben beides gleichzeitig – Geld und Zeit. Wie es gelingt, das Vermögen im Ruhestand möglichst lange zu erhalten, sodass im Optimalfall noch etwas für die Kinder übrigbleibt, erfahren wir in diesem Artikel.

Den Ruhestand sorgenfrei genießen

Plant man die Entnahmephase im Ruhestand, gilt es, darauf zu achten, dass das Vermögen mindestens bis zum Lebensende hält. Besser wäre natürlich, wenn am Ende des Lebens noch Geld übrig ist, das den Erben zugutekommt. Zunächst geht es jedoch darum, den eigenen Ruhestand abzusichern, sodass einem die Inflation oder zusätzlich auftretende Kosten, z. B. für die Pflege, nichts anhaben können.

Welche Anlagestrategie wählt man dafür? Im vorherigen Artikel haben wir bereits die Faustregel „100 – Lebensalter = Aktienquote“ vorgestellt. Das würde bedeuten, dass man im Ruhestand die Aktienquote niedrig hält. Doch ist das wirklich so vorteilhaft? Je nachdem, wie ernst man die Faustregel nimmt, ist man im Ruhestand nur noch zu 33 % und weniger in Aktien investiert. Es besteht die Gefahr, dass man mit seiner Strategie kaum von den Renditen des Aktienmarktes profitieren kann. Die Wissenschaft kommt hier zu unterschiedlichen Erkenntnissen. Ein Teil empfiehlt, die Verringerung der Aktienquote, also der Faustregel, zu folgen. Ein anderer Teil der Wissenschaft argumentiert, dass auch im Ruhestand hohe Aktienquoten gehalten werden sollten. Ein weiterer Grund, uns einmal selbst auf den Weg zu machen, diese Frage zu untersuchen.

Wie haben wir getestet?

Simuliert haben wir wieder die folgenden Strategien, die wir bereits häufiger in unserer Vermögensverwaltung eingesetzt haben:

– Konservative Strategie – 45 % Aktienfonds 55 % Anleihefonds

– Ausgewogene Strategie – 60 % Aktienfonds, 40 % Anleihefonds

– Chancenreiche Strategie – 75 % Aktienfonds, 25 % Anleihefonds

– Ertragsgetriebene Strategie – 100 % Aktienfonds

Der Test startete mit einem Anfangsvermögen von 1,5 Millionen Euro bei einem Ruhstandsbeginn mit 67 Jahren. Jedes Jahr werden 4 % des Vermögens entnommen, also 60.000 Euro, um davon die Lebenshaltungskosten zu decken. Dieser Betrag wird jährlich um 2,5 % erhöht, damit die Inflation ausgeglichen wird. Wir haben dabei angenommen, dass der Ruhestand bis zum Alter von 100 Jahren dauert. Mit einer sogenannten Monte-Carlo-Simulation – einem Computerprogramm, das tausende mögliche Entwicklungen des Kapitalmarktes berechnet – konnten wir die Erfolgschancen jeder Strategie prüfen.

Mit den Simulationen wollten wir herausfinden:

Wie oft bleibt bis zum Lebensende Geld übrig (Erfolgswahrscheinlichkeit), wie viel Geld ist am Lebensende noch da (Medianvermögen) wenn erwartete Renditen wie in der Vergangenheit eintreten und wie lange hält das Vermögen im schlimmsten Fall (Reichweite). Außerdem haben wir untersucht, was passiert, wenn man die ursprüngliche Mischung seines Portfolios jedes Jahr wiederherstellt (Rebalancing), oder wenn man die Zusammensetzung einfach laufen lässt (Buy-and-Hold).

Fazit: Mehr Aktien für alle?

Die Simulation hat überraschende Ergebnisse geliefert. Je höher der Aktienanteil eines Portfolios ist, desto größer sind die Chancen, dass das Vermögen bis zum Lebensende ausreicht, und desto mehr Vermögen bleibt im Durchschnitt übrig. Damit stellen die Ergebnisse die Faustregel „100 – Lebensalter = Aktienquote“ infrage, denn es zeigt sich, dass auch hohe Aktienquoten im Ruhestand vorteilhaft sein können. In der folgenden Tabelle haben wir unsere Testergebnisse aufgelistet:

 

Zudem gilt, je höher die Aktienquote, desto höher die Erfolgswahrscheinlichkeit. Die konservative Strategie hatte lediglich in 57 Prozent der Fälle genug Geld bis zum Alter von 100 Jahren, während die ertragsgetriebene Strategie mit 100 Prozent Aktien eine Erfolgswahrscheinlichkeit von 81 Prozent aufwies. Auch beim Medianvermögen schnitten hohe Aktienquoten deutlich besser ab. Wer eine ertragsgetriebene Strategie verfolgt, konnte im Durchschnitt bis zum Lebensende ein Vermögen von über 4,6 Millionen Euro erreichen, während bei der konservativen Strategie nur etwa 2,8 Millionen Euro übrigblieben.

Natürlich hat eine hohe Aktienquote auch ihre Risiken. Wenn der Aktienmarkt schlecht läuft, kann sich das negativ auf die Reichweite des Vermögens auswirken. Diese haben wir für die einzelnen Strategien in der vierten Spalte dargestellt. In solchen Fällen wird das Geld bei einer chancenreichen oder ertragsgetriebenen Strategie früher aufgebraucht. Dieser Unterschied ist allerdings überschaubar und liegt je nach Strategie nur bei 1–4 Jahren.

Ein weiterer Punkt, der auffällt: Wenn man jedes Jahr Rebalancing durchführt, also die Portfoliozusammensetzung wieder auf die ursprüngliche Aufteilung zurücksetzt, verringert dies langfristig die erwartete Rendite. Mit dem Rebalancing bleibt der Aktienanteil niedrig, wodurch das Vermögen weniger an den hohen Renditen des Aktienmarkts teilhat. Portfolios, die ohne Rebalancing auskommen, wachsen im langfristigen Durchschnitt dagegen stärker, auch wenn sie stärkeren Schwankungen unterliegen. In folgenden Grafiken werden die Unterschiede zwischen Rebalancing und Buy-and-Hold-Strategien noch einmal deutlich:

 

 

 

 

Die Wahl der richtigen Strategie ist entscheidend für den finanziellen Erfolg im Ruhestand. Höhere Aktienquoten bieten klare Vorteile: Das Vermögen wächst stärker, und die Wahrscheinlichkeit, dass das Geld bis zum Lebensende hält, ist deutlich höher als bei konservativen Strategien. Trotzdem sind 81 Prozent Erfolgswahrscheinlichkeit keine Garantie. Im schlechtesten Fall könnte das Geld früher aufgebraucht sein.

Was also tun, wenn die Börse direkt zu Beginn des Ruhestands einbrechen sollte? Das wäre ein denkbar schlechter Zeitpunkt. Wie man mit diesem Risiko umgeht und sich gegen schlechte Börsenphasen absichert, klären wir im dritten Teil der Serie.

Jannick Seidel

Unabhängigkeit, Transparenz und eine fundierte Auseinandersetzung mit den Kapitalmärkten – diese Werte prägen mein berufliches Handeln. Ich bin Junior Wealth Manager aus Überzeugung, weil ich Menschen für den Kapitalmarkt begeistern, Chancen verständlich machen und Vorurteilen begegnen möchte. Mein Ziel ist es, finanzielle Zusammenhänge greifbar zu machen und durch ehrliche Beratung langfristige Sicherheit zu schaffen.

Offenlegung: Alle Beiträge dienen der Werbung. Keiner der Inhalte dieses Internetauftritts stellt eine Anlageberatung, Finanzanalyse oder ein Angebot bzw. eine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf eines Vertrags oder Wertpapieres dar.

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