Das etwas andere Weihnachtsgeschenk
Weihnachten ist die Zeit der Geschenke – und auch die Zeit der Besinnung. Beim Nachdenken über die Geschenke fällt nicht selten auf, wie gut es uns materiell geht, und dass wir eigentlich alles haben. Eine gute Idee ist da Wertschätzung zu schenken. Dazu fällt mir das Gespräch mit einem 40-jährigen Paar ein, die gemeinsam mit Ihrer Anwältin wissen wollten, ob der geplante Ehevertrag eine faire Regelung sei. Sehen Sie das Ergebnis meiner finanziellen Betrachtung dazu an:
Beide Partner sind berufstätig. Wegen des gemeinsamen Kinderwunschs ist abzusehen, dass die Ehefrau ihre Berufskarriere abbrechen wird, um sich der Familie zu widmen. Das familiäre Einkommen würde dann im Sinne der traditionellen Arbeitsteilung durch den auch heute schon besserverdienenden Ehemann bestritten werden. Weil statistisch die Hälfte aller Ehen geschieden werden, wollte der Ehemann für diesen Fall mit einem Ehevertrag für Planungssicherheit sorgen. Der mir vorgelegte Entwurf sah für die Ehefrau während der Ehe eine monatliche Zuwendung für die Altersvorsorge in Höhe von 900 Euro vor und nach der Trennung eine Unterhaltszahlung in Höhe von maximal 3.000 Euro längstens bis zum vierzehnten Lebensjahr des jüngsten gemeinsamen Kindes. Wie angemessen ist das?
Die künftige Ehefrau bezieht aktuell ein Gehalt von 2.500 Euro netto. Die Einkommensverhältnisse des künftigen Ehemannes sind nur insofern bekannt, als er zuverlässig ein höheres Einkommen hat, als seine Frau – was für die vorliegende Betrachtung ausreichend ist.
Ich betrachte die Situation als Finanzanalytiker und wenn es um Besitz, Verteilung und Risiken geht, lohnt es sich, die entsprechenden Bilanzen zu betrachten. Konkret geht es um die Bilanz der künftigen Ehefrau, wobei vor allem die Aktiv-Seite interessiert, mit den Positionen Humankapital, Altersvorsorge und Sonstiges Vermögen.
Wir bilanzieren nur, was für die Betrachtung relevant ist:
Die Frau hat derzeit ein Bruttogehalt von 4.000 Euro und könnte noch 25 Jahre arbeiten, was bei einem moderaten Gehaltstrend von 1,5% zu einem Humankapital von 1,45 Mio. Euro führt. Das aktuelle Altersvorsorgekapital und Sonstige Vermögen interessiert nicht, lediglich die künftige Veränderung. Um die Auswirkung der Ehe auf die Vermögensbilanz der künftigen Ehefrau einzuschätzen betrachten wir, wie diese in 10 Jahren aussehen wird.
Wenn anstelle der Ehe die berufliche Karriere fortgeführt wird, dann verbleiben in 10 Jahren noch 15 Jahre zu erwartendes Gehaltseinkommen, die ein Humankapital in Höhe von 935.000 Euro ergeben. Zusätzlich wird in den 10 Jahren pro Jahr mindestens einen Entgeltpunkt Anwartschaft der gesetzlichen Rente erworben. Das entspricht einer Rentenanwartschaft von etwa 330 Euro Monatsrente, was einem Kapitalwert an Altersvorsorgevermögen von 110.000 Euro entspricht.
Wird anstelle der beruflichen Karriere die Sorge um die Familie innerhalb der Ehe gewählt, so entstehen während der Ehe keine weiteren Rentenanwartschaften. Ferner ist die Frau in 10 Jahren 52 Jahre alt und war für längere Zeit aus dem Berufsleben heraus. Sollte Sie dann wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen wollen, ist typischer Weise nicht davon auszugehen, dass dies auf dem zuletzt gehaltenen Niveau gelingen wird. Wenn ich optimistisch davon ausgehe, dass nach 10 Jahren Unterbrechung ein Wiedereinstieg mit einem Monatsbrutto von 3.000 Euro möglich ist, führt dies zu einem Humanvermögen in Höhe von 600.000 Euro.
Der Betrachtung ist zu entnehmen, dass die Frau nach 10 Jahren für die Ehe 445.000 Euro in ihrer Vermögensbilanz aufgegeben hat. Möchte man dieses Risiko voll ausgleichen, wäre anstelle der 900 Euro monatlich ein Betrag von 3.000 Euro erforderlich.
Vielleicht erscheint dieses Ergebnis überraschend hoch, doch es zeigt meiner Ansicht nach sehr gut, welches Vermögensrisiko der zuhause bleibende Ehepartner typischer-weise auf sich nimmt. Wird dies nicht bedacht, führt dies im Trennungsfall zu viel Elend.
Bevor jetzt eine Diskussion entbrennt, würde ich vorschlagen, die Frage aus einem weiteren Blickwinkel zu betrachten. Wollten beide Ehepartner trotz Familie und Kindern ihre Karrieren uneingeschränkt fortführen, müsste ganztags eine Nanny eingestellt werden. Die Kosten hierfür liegen inklusive Arbeitgeberkosten bei 18,50 – 27,00 Euro pro Stunde. In Summe sollte in jedem Fall mit monatlich 4.000 Euro gerechnet werden. Diese wären zwischen den Ehepartnern fairerweise proportional zum Einkommen aufzuteilen. Für den Ehemann käme es im Ergebnis auf die gleichen 3.000 Euro monatlich, die sich nach Analyse der Vermögensbilanz als fairer Ausgleich ergeben.
Meine persönliche Meinung ist, dass das Paar, wenn es nun vor den Traualtar treten will, in jedem Fall von einer lebenslang andauernden Partnerschaft ausgehen sollte. Dann sind 3.000 Euro monatlich in eine Altersvorsorge, die auf den Namen der Frau aufgebaut wird, auch für den Mann nicht verloren. Es ist ein Baustein, der den gemeinsamen Ruhestand finanzieren wird, der in diesem Fall von Seiten der Frau kommt, was längerfristig auch erbschaftssteuerlich einer sinnvollen Gestaltung entspricht.
Und weil Weihnachten ist, passt dieses Thema. Wenn ein Partner den Beruf für die Familie zurückfährt, entsteht ein Ungleichgewicht im Hinblick auf die Altersvorsorge. Auch für das Gleichgewicht in der Ehe ist es wichtig, dies wahrzunehmen und spürbar zu reagieren, bspw. durch entsprechende finanzielle Regelungen.
Ich wünsche schöne und besinnliche Festtage.
Christian Dagg
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