Bitcoin Risiken und Nebenwirkungen
Am Mittwoch, 29. November 2017, war der Preis auf über 11.150 Dollar gestiegen. Am darauf folgenden Tag stürzte er auf 9.100 Dollar
ab, d. h. ein Kurseinbruch von fast 20 % in nicht einmal 24 Stunden. Am gleichen Abend notierten sie dann bei 10.000 Dollar.
Bis Freitag setzten die Preise ihre Aufwärtsbewegung fort auf über 10.500 Dollar, wahrscheinlich wegen der angekündigten Zulassung neuer Finanzderivate auf Bitcoin an der New Yorker Börse. Nichts beschäftigt die öffentliche Meinung mehr, als die Sorge den neusten Hype zu verpassen.
Was sind Bitcoins?
Bitcoin ist eine globale Kryptowährung und digitales Zahlungssystem, man spricht auch von der ersten dezentralisierten Digitalwährung – es gibt keine zentrale Lagerstelle und keinen alleinigen Überwacher. Bitcoin wurde 2009 von einem nicht bekannten Menschen (oder Gruppe von Menschen) unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto erfunden und in Form einer open-source Software veröffentlicht. Die Bitcoins selbst entstehen als Belohnung für einen Rechenprozess, der „mining” genannt wird.
Es gibt keine physischen Bitcoins sondern nur Kontostände in einem öffentlichen, im Internet verteilten Register. Das Ganze findet in einem System gleichrangiger Arbeitsstationen (Peer-to-Peer Netzwerk) statt und Transaktionen erfolgen ohne Mittelsperson, direkt von Nutzer zu Nutzer. Diese Transaktionen werden durch die Netzwerkknoten verifiziert und, genau wie die Kontostände, in dem öffentlichen, im Internet verteilen Register gespeichert, der sogenannten Blockchain.
Man muss verstehen, dass es keinen Herausgeber von Bitcoins gibt und sie auch durch keine Bank oder Regierung gedeckt sind. Obwohl sie kein gesetzliches Zahlungsmittel sind (es gibt weder eine europäische noch eine amerikanische Zulassung), kann man in begrenztem Umfang Waren, Dienstleistungen oder andere Währungen gegen Bitcoins kaufen. Es gibt auch Börsen, an denen man mit Bitcoins handeln kann und die Zulassung eines Finanzderivats auf Bitcoins befeuerte zuletzt die Fantasien.
Risiken für Bitcoin-Anleger
Da der Wert durch keine Regierung garantiert wird, führt ihr digitaler Charakter dazu, dass der Kauf und Einsatz von Bitcoins mit hohen intrinsischen Risiken behaftet ist. Aus diesem Grund haben die Börsenaufsicht, die Bankenaufsicht und die Verbraucherschutzbehörden eine ganze Reihe von Anlegerwarnungen zu Kryptowährungen herausgegeben.
Aufsichtsrechtliche Risiken: Bitcoins stehen in Konkurrenz zu den staatlichen Währungen und können für Schwarzmarkt-Geschäfte, zu Geldwäsche, für verbotene Aktivitäten oder zur Steuerhinterziehung genutzt werden. Konsequenterweise ist es nicht unwahrscheinlich, dass Regierungen bald den Umgang mit Bitcoins regulieren, einschränken oder ganz verbieten werden. Einige haben dies schon getan, andere arbeiten an Regularien.
Die New Yorker Finanzaufsicht hat beispielsweise 2015 Vorschriften erlassen, nach denen Firmen, die sich mit der Kauf, Verkauf, Übertragung oder Aufbewahrung von Bitcoins beschäftigen, die Identität ihrer Kunden feststellen müssen, einen Compliance Officer anstellen müssen und vorgeschriebene Kapitalreserven vorhalten müssen. Transaktionen mit einem Wert über 10.000 Dollar müssen aufgezeichnet und berichtet werden. Solche Anliegen werfen für die Zukunft der Bitcoins Fragen in Bezug auf Liquidität und
Überlebensfähigkeit auf.
Sicherheitsrisiken: Die Dezentralität ist für viele Anhänger einer der großen Vorteile, gerade für den Neueinsteiger bringt das jedoch erhebliche Herausforderungen mit sich. Die Schwierigkeit besteht darin, ihre „Coinsˮ zu sichern und zu schützen. Sobald man Euros gegen Bitcoins tauscht, lässt man viele finanzielle Schutzmechanismen hinter sich und ist ganz alleine selbst für die Sicherheit der eigenen Bitcoins verantwortlich. Zwar gibt es Schritte, die helfen, seine Bitcoins zu sichern. Aber wenn etwas schiefläuft und man seine
Coins gestohlen bekommt oder verliert, dann gibt es keine Stelle, an die man sich wenden könnte, um sie wiederzukriegen.
Nachdem man seine Bitcoins an einer Börse, wie zum Beispiel Coinbase, erstanden hat, gibt es verschiedenen Möglichkeiten sie aufzubewahren. Viele lassen sie in dem elektronischen Bitcoin wallet, das von der Börse mit bereitgestellt wird. Damit gehen die Käufer jedoch ein enormes Sicherheitsrisiko ein, denn die Börsen behalten im allgemeinen die Kontrolle über den privaten Schlüssel mit dem die Bitcoins verschlüsselt sind. Anbetracht der Tatsache, dass die Börsen Tausende von Bitcoins aufbewahren oder die
Kontrolle darüber haben, sind sie bevorzugtes Angriffsziel für Hacker. Berühmt berüchtigt ist der Fall der japanischen Börse Mt. Gox, die 2014 schließen musste, nachdem es Hackern gelungen war, sie zu knacken und Bitcoins im Wert von Millionen von Dollar zu stehlen.
Sobald ein Hacker sich Zugang verschafft und an den privaten Schlüssel des Bitcoin-Besitzers kommt, kann der Hacker die Bitcoins in ein anderes „walletˮ transferieren und sich so aneignen. Deswegen sollte man grundsätzlich als Käufer seine Bitcoins so schnell wie möglich aus der Börse entfernen, an der man sie gekauft hat, und in ein anderes „walletˮ speichern, wo man selbst die privaten Schlüssel kontrolliert, mit denen man die Bitcoins gekauft hat. Das geht mit einem web-basierten wallet, einem Hardware wallet (z. B. ein USBStick) oder auch mit einem Papier wallet (indem man die privaten Schlüssel und Adressen der Bitcoin ausdruckt und somit seine Bitcoins ganz außerhalb der digitalen Welt speichert). Trotz allem hat jede Variante ihre Vor- und Nachteile und es bleiben Risiken, die abzuwägen sind.
Versicherungsrisiko: Für die meisten Anlageformen besteht ein gesetzlicher vorgeschriebener Anlegerschutz über Einlagensicherung, Entschädigungsverband oder dedizierte Versicherungen. Für Bitcoins und alle Kryptowährungen existiert nichts dergleichen.
Betrugsrisiko: Auch wenn Bitcoins Verschlüsselung mit Private Keys zur Identifizierung von Eigentümern und Transaktionen einsetzen, können Betrüger versuchen gefälschte Bitcoins in Umlauf zu bringen. Im Juli 2013 ist beispielsweise in Amerika ein Bitcoin basiertes Schneeballsystem aufgeflogen.
Steuern
Bitcoins und andere Kryptowährungen werden einkommensteuerlich wie Eigentum behandelt, nicht wie eine Währung. Gewinne und Verluste innerhalb eines Jahres sind nach § 23 Einkommensteuergesetz zu versteuern. Verkäufe nach Ablauf eines Jahres haben steuerlich keine Folgen. Für Zinserträge aus Kryptowährungen gilt eine Frist von 10 Jahren.
Reine Umsätze von Bitcoins sind umsatzsteuerfrei. Davon unabhängig ist die Umsatzsteuer für den Kauf der mit Bitcoins bezahlten Dinge.
Investment oder Spekulationsblase
Auch wenn ich kein Bitcoin Experte bin, habe ich langjährige Erfahrung mit den Finanzmärkten und kenne aus Anschauung oder eigener Erfahrung Blasen bei den verschiedensten Anlageformen.
Silberbarren sind von September 1979 bis Januar 1980 von 11 Dollar auf 50 Dollar angestiegen. Zwei Monate darauf brach der Kurs wieder unter 11 Dollar ein. Genauso hatten wir Blasen bei Immobilien (2007) und Internetunternehmen (1999). Diese Beispiele lehren eine große Skepsis gegenüber allen Verkündigungen, diesmal sei alles anders. Und bisher hat mich noch kein Argument überzeugt, das für Bitcoins ins Feld geführt wird. Lassen Sie mich das erklären.
Zunächst möchte ich zustimmen, dass die Blockchain Technologie, auf der Bitcoin aufbaut, das Zeug dazu hat, in vielen Branchen die Spielregeln zu verändern und in der Zukunft eine große Rolle spielen wird. Doch das sagt aus einer ganzen Reihe von Gründen nichts aus über Bitcoin oder jede andere Kryptowährung.
Erstens stimmt die Behauptung, es lohne sich Bitcoins zu kaufen, weil Bitcoins ein knappes Gut seien, einfach nicht. In Wahrheit gibt es eine buchstäblich unbegrenzte Menge an ähnlichen Währungen, die sich erzeugen lassen. Dadurch kann das Angebot die Nachfrage überfluten, genau wie bei der Geldvermehrung in der Weimarer Republik. Heute schon haben wir die Wettbewerber Litecoin, Dash, Ethereum, Monero, Ripple und Zcash. Und es gibt keine Garantie, dass sich nicht auch doch noch ein Weg findet, auch Bitcoins in unbegrenzter Menge herzustellen.
Zweitens haben Währungen auf lange Sicht nur dann einen Wert, wenn sie durch Staaten legitimiert sind (im Falle von Bitcoin hat nur Japan die Kryptowährung bisher legitimiert). Eindeutig haben die Aufsichtsbehörden allen Grund zur Sorge, denn Bitcoins werden besonders gerne für illegale Geschäftstätigkeiten sowie Geldwäsche und Steuerhinterziehung genutzt. Wenn die U.S. Regierung den Handel mit Bitcoins verbietet würde die ganze Veranstaltung zusammenbrechen. Ich will damit nicht sagen, dass das so kommen wird, aber eine Grundregel für den vernünftigen Investor lautet, das Unwahrscheinliche niemals als unmöglich zu betrachten. Und dies ist definitiv möglich.
Drittens sollten wir, wenn wir eine Investitionsentscheidung treffen, die erwartete Rendite sowie die mögliche Schwankungsbreite der Rendite kennen und die Korrelation des Investments mit anderen Anlageformen, damit wir prüfen können, welchen Einfluss das Investment auf das Risiko-/Renditeprofil des gesamten Anlageportfolios hat. Bei Aktien haben wir Kennzahlen wie die Gewinnrendite, bei Anleihen die Rückzahlungsrendite und für Anlagen wie Rückversicherungen oder Darlehen gibt es Jahrzehnte historischer Daten für die passenden Einschätzungen. Mit Bitcoins ist keine der oben genannten Analysen möglich.
Bitcoin ist reine Spekulation und der kluge Anleger spekuliert nicht. Man muss sich klarmachen, dass es bisher noch kein Fundamentalwert basierte Bewertungsmodell für Bitcoins gibt. Das hat seinen Grund. Es existiert schlichtweg keine vernünftige Beziehung zwischen irgendeiner wirtschaftlichen oder finanziellen Kenngröße und dem Preis von Bitcoins.
Auch wenn es also keine erwiesenen Fakten gibt, heißt das leider nicht, dass dem Thema nicht eine enorme Überzeugungskraft innewohnt. Das bedeutet jedoch, dass der aktuelle Preis der Bitcoins von nichts anderem getragen wird, als vom Enthusiasmus der wahren Bitcoin Jünger. Es gibt zu wenig Möglichkeiten auf fallende Bitcoin Preise zu wetten. Dadurch gibt es zu wenig erfahrenen Anleger, die die Preise nach unten korrigieren. Und Blasen entstehen immer dann, wenn nur eine Seite (die Optimisten) ihrer Meinung zum Wert einer Anlage Ausdruck verleihen können.
Fazit
Alle oben genannten Themen sollte ein Anleger bedenken, wenn er darüber nachdenkt, in Bitcoins zu investieren. Er sollte sich die enormen Preisschwankungen von bis zu 80 % am Tag vor Augen führen und sich sicher sein, dass er das aushält. Und vor allem, denken Sie daran, dass das gutmütige Ignorieren der verschiedenen Aufsichtsbehörden über Nacht umschlagen kann: bis hin zum kompletten Verbot des Handels und Gebrauchs von Kryptowährungen.
Abschließend möchte ich sagen, dass wir bei DAGG.INVEST besonders stolz darauf sind, keine Empfehlungen auf Basis persönlicher Meinungen abzugeben. Stattdessen fußen unsere Empfehlungen nur auf weltweit in akademischen Fachkreisen anerkannten Fakten. Im Fall von Bitcoins gibt es keinerlei Fachliteratur, auf die man sich stützen könnte.
Folgerichtig können wir keine Empfehlungen geben, ob das Kaufen von Bitcoins eine gute Anlageentscheidung ist. Genauso wenig ist es möglich den Wert zu bestimmen, weil es keine Cash Flows gibt, die man bewerten könnte. Ein Investment in Bitcoins ist zum jetzigen Zeitpunkt als 100 Prozent Spekulation anzusehen. Das kann sich in Zukunft ändern, nur fehlt uns eine Kristallkugel, um das vorherzusagen. Wir sind Finanzexperten, die auf Basis von Informationen bewerten und keine Wahrsager.
Christian Dagg
Der größte Feind des Anlegers ist häufig der Anleger selbst. Ein unabhängiger Berater bringt den größten Nutzen, wenn er sich zwischen den Anleger und dessen schlimmste Fehlentscheidung stellen kann. Meine Beiträge sollen wie ein Filter für vernünftige Finanzentscheidungen wirken. Ich möchte belastbare Fakten und gesunden Menschenverstand im Zusammenhang mit Finanzthemen in den Vordergrund stellen und versuchen, dies so zu erklären, dass es jeder für sich einordnen kann.
Für Anregungen und Kommentare bin ich immer offen.
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