Aufmunterndes für die Sommerwochen
Ich hoffe, Sie haben diesen Sommer trotz allem ein bisschen Spaß? Natürlich macht es auch mir keine Freude zuzusehen, wie mein Investmentportfolio an Wert verliert. Aber ich liebe es, mein Investment in all die großartigen Firmen dieser Welt zu günstigen Kursen aufzustocken, was ja mit unserem prognosefreien Ansatz perfekt geht. Und ich finde es unterhaltsam, in den Medien zu verfolgen, wie täglich händeringend Erklärungen, für die stets aufs Neue über den Haufen geworfenen Finanzprognosen gesucht werden.
Vor gar nicht allzu langer Zeit saßen wir noch mit Angst vor einer weltweiten Pandemie isoliert in unseren vier Wänden und sorgten uns vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch. Heute, zwei Jahre später, verbreitet sich Corona zwar weiter wie ein Buschfeuer, aber dank der Impfungen bleiben die Krankenhauszahlen und Todesfälle niedrig, die Arbeitslosenquote ist mit 5,2% fast auf ihrem Fünfzigjahrestief von fünf Prozent angekommen – und alle Welt ist so begeistert am Geldausgeben, dass wir mittlerweile bei einer Inflationsrate von 7,9% angelangt sind. Natürlich gibt es eine Menge Dinge auf der Welt, die aktuell gar nicht gut laufen, aber ich frage mich, ob das den weitverbreiteten Pessimismus für die wirtschaftliche und finanzielle Zukunft rechtfertigt.
Demgegenüber würde ich mich eindeutig zu den Optimisten zählen. Und für alle, die sich über die Kursverluste ihrer Geldanlage Sorgen machen, möchte ich folgende vier Gedanken in Erinnerung rufen:
An den Börsen werden Erwartungen gehandelt.
Gut möglich, dass die negativen Aussichten in den Kursen schon enthalten sind. Die Börsen spiegeln sowohl das wider, was schon passiert ist, als auch gleichzeitig das, was die Mehrheit der Anleger heute schon von der Zukunft erwarten. Werden die Nachrichten der kommenden Monate also überraschend schlimmer als erwartet – oder stattdessen nicht ganz so schlimm, wie befürchtet? Im ersten Fall werden die Kursrückgänge an den Börsen wohl noch für ein paar Monate andauern. Im zweiten Fall wird man sich wehmütig zurücksehnen und wünschen, man hätte Anfang Juli 2022 optimistischer investiert.
Die Rückschlüsse aus der Geschichte geben Orientierung.
Die Energie für Zweifel hinsichtlich der Anlagestrategie kann man sich aktuell sparen. Einschließlich der Weltwirtschaftskrise Anfang des letzten Jahrhunderts gerechnet, beträgt der Kursrückgang einer Börsenkrise im historischen Durchschnitt 38 Prozent. Der MSCI World Index steht aktuell mit 14 Prozent im Minus und war schon bei minus 18 Prozent. Gehen wir also von einer durchschnittlichen Börsenkrise aus, dann haben wir die Hälfte schon hinter uns. Was ich damit sagen will: Jetzt ist nicht mehr der richtige Zeitpunkt, um über einen Strategiewechsel nachzudenken. Lieber bei der Strategie bleiben und das beste aus der Krise machen.
Die intrinsischen Unternehmenswerte steigen.
Seit Jahresbeginn ist das Renditepotential des Investmentportfolios gestiegen und das Risiko gesunken. Durch die Kursrückgänge seit Jahresbeginn ist die Ausschüttungsrendite für die Anleger gestiegen (das gilt auch, wenn Ausschüttungen innerhalb thesaurierender Fonds re-investiert werden). Die Ausschüttungen in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen sind so beispielsweise bei den großen Standardwerten von 3,5 % auf etwa 4,2 % gestiegen. Wenn also die Ausschüttungsrenditen steigen, kann man sagen, dass der intrinsische Wert der Aktien der Unternehmen gestiegen ist. Andererseits lässt sich auch argumentieren, der intrinsische Wert der Aktien sei gesunken, weil die Anleger zukünftige Ausschüttungen heute mit einem höheren Zinssatz abzinsen als noch vor wenigen Monaten, um der gestiegenen Unsicherheit Rechnung zu tragen.
Ob nun der intrinsische Wert gestiegen ist, d.h. die Aktien heute einen höheren Gegenwert haben als vor sechs Monaten, oder ob die Anleger heute mit einem höheren Zinssatz abzinsen, d.h. eine höhere Rendite für das Halten von Aktien erwarten, ich kann es nicht sagen. Aber es läuft auch auf das gleiche hinaus: in beiden Fällen bedeutet es, dass das Investmentportfolio ein gestiegenes Renditepotential hat.
Die zeitliche Perspektive macht den Unterschied.
Zweifelt irgendjemand daran, dass ein global diversifiziertes Portfolio, in dem alle großartigen Firmen der Welt enthalten sind, in zehn Jahren mehr Wert sein wird als heute? Wohl kaum. Aber wenn die Kurse fallen, schrumpft die Perspektive der Anleger. Plötzlich ist das einzige, woran sie denken können, ob die Börsenkurse in den nächsten Tagen steigen oder fallen. Und abhängig von diesen Einschätzungen werden dann Handelsentscheidungen getroffen. Genau hier gewinnt der versierte Anleger seinen Vorteil. Immer klüger sein zu wollen als die anderen Anleger, ist sehr schwer. Stattdessen entzieht er sich diesem Spiel und ändert die Regeln – indem er sich nicht auf die nächsten Wochen konzentriert, sondern auf die nächsten zehn Jahre. Wenn man sich die langfristige zeitliche Perspektive zu eigen macht, ist es gar nicht mehr so schwer, die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer und bleiben Sie optimistisch.
Christian Dagg
Der größte Feind des Anlegers ist häufig der Anleger selbst. Ein unabhängiger Berater bringt den größten Nutzen, wenn er sich zwischen den Anleger und dessen schlimmste Fehlentscheidung stellen kann. Meine Beiträge sollen wie ein Filter für vernünftige Finanzentscheidungen wirken. Ich möchte belastbare Fakten und gesunden Menschenverstand im Zusammenhang mit Finanzthemen in den Vordergrund stellen und versuchen, dies so zu erklären, dass es jeder für sich einordnen kann.
Für Anregungen und Kommentare bin ich immer offen.
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